WAS ich Vati sagen wollte und Nicht konnte An dem samstäglichen Oktobernachmittag am 23., als ich ihn aus Mainz anrief, wir uns aber verquatschten, die gewöhnlichen, geliebten Geschichten, verschwörerisch lachten und planten, dass ich ihm sofort, wenn ich am Mittwoch zurückkomme, das Geld gebe, das ich für ihn zurückgelegt hatte in der Absicht, dass er ein Schweinchen für den Winter kaufen konnte, es war ihm ein echter Herzenswunsch, uns alle einzuladen, uns zu bewirten, er liebte Die Familientreffen und gemeinsamen Festessen sehr, seine drei Enkel,er nannte sie „Opas Küken“, doch als ich am Mittwoch landete, war er schon abgeflogen zu seinen anderen Verwandten,Cousins, Freunden, Doktoren, Patienten und Engeln
Vati, Vatilein, ich habe es nicht verdient, ich will nicht,
dass du mich mit Kränzen und Blumen haufenweise empfängst,
wir hatten etwas anderes ausgemacht, weißt du nicht mehr,
dass du auf der Bank vor dem Haus auf mich wartest, Vati,
mein unersetzbarer, unverzichtbarer, unmöglicher Papa,
ohnehin schmerzen mir der Kopf, der Rücken, die Wirbel, das Herz,
der Magen, die Ungerechtigkeiten, die zerteilte Biografie
und die durchstochene Hand, und wie ich dann erst
am nächsten Morgen vor deiner Praxis auftauchte, weißt du nicht mehr,
ihr, du und der Chirurg, mit mir geschimpft habt, dass ich furchtbar,
nicht wieder gut zu machen zu spät gekommen bin und jetzt bin ich wieder zu spät
und man kann die Blutgefäße, Nerven und Sehnen jetzt nicht mehr
richtig verbinden und zusammennähen, der Faden
ist gerissen, das Leben zu Ende, Schluss und Aus, immer
schläft meine Hand ein, wenn das Wetter schlecht ist, erschaudere ich
durch und durch an diesem letzten warmen Tag im November,
eine Herbstaster im Raureif, einsam und allein auf dem Dorfriedhof
erstarre ich in den Erinnerungen, in jener erhabenen Naivität,
mit der wir jedes Frühjahr den Garten umgruben,
unser Haus bauten, Mirabellen und Äpfel pflückten
und uns früh weckten, um als erste wählen zu gehen, weißt du nicht mehr,
am Anfang waren wir besetzt von schicksalshaftem, zähen Trotz,
wache auf, erinnere dich, stehe auf, ich bitte dich, Vatichen,
ich habe dich nicht mehr umarmt ganze fünf Tage, fünf Jahre,
fünf Jahrhunderte unter den Türken, steh auf von den Toten, Vati,
du hast so Viele von dort zurückgeholt, wie ein Engel flogst du
mit offenem weißen Kittel, ich bitte dich,
komm herunter, damit ich dich sehe, wir wenigstens eine zusammen rauchen,
wie vor der Polyklinik am „Jantra“, weißt du nicht mehr,
damit ich dir schnell sage, dass ich kaum Luft habe, alles engt micht ein,
die Kleider und Schuhe engen mich ein, die Ringe, der Raum,
der Übergang, das Überleben, die Gelübde, die Haut und die Lungen,
die Stadt und die Straßenbahnen, die Würde und die Träume,
die fanatischen Freundschaften und fassadenhaften
Feiertage engen mich ein, patriarchale Utopien und Familienidyllen,
das Haus engt mich ein, die Ängste, die Klischees
von Ordnung und Chaos, Nichtfunktionieren und Stress, Lachen
und Weinen, die Mittelmäßigkeit der Veränderungen,
Lebensweise und Mentalität engen mich ein, Volk und Heimat,
sie engen mich ein und ich verdiene esnicht und nur du
wirst mich aus der Endlosigkeit von Liebe und Tod verstehen.
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