Ballade von einer geschäftigen Frau, die den Übergang überlebt hat und an einem freitäglichen Spätnachmittag unter dem Fenster in der engen Küche kniete und Über eine Waschschüssel gebeugt schon seit mehr als einer Stunde ein Leinenkleid einseifte, eins in Naturfarbe und mit vielen Perlmutknöpfen, heute morgen gekauft für vier Leva und chtunddreißig Stotinki in einem Geschäft der Kette „Chic“ für second hand Bekleidung, wobei sie mal im Kopf und mal laut mit der Unbekannten spicht, die dasselbe Kleid schon getragen hat
Warum hast du dich eigentlich von ihm getrennt, so elegant und fein
fühlt es sich an, so luftig mit seinem einfachen,
legeren Schnitt, und die Knöpfe vollenden
die schöne Idee, ich habe mich mir vorgestellt
in so einem Kleid, der helle Tag flattert, schwingt,
umschmeichelnd umgarnt er meinen Körper,
warm und dunkel wie zu scharf gebackenes Roggenbrot,
umfängt mich, wenn ich ei einbrechender Dunkelheit am Ufer langlaufe
und nur der Mann und das Meer aufleuchten, nur
die Muscheln und Seepferdchen, und es reicht
eine Regung, vom Wund, von Mann oder von mir,
sie reicht, um die oberen zwei Knöpfe zu öffnen,
und ich entblättere mich, bin ohne Kleid und nackt
und lache, lache von ganz leise bis ganz laut,
von der Liebe bis zum Tod, war der Mensch nicht bloß
ein ausgezogenes Kleid, die Kleider erzählen von uns,
können uns auch vor der Kälte verbergen oder jenseits davon,
uns erfinden oder ausdrücken, und warum eigentlich
hast du dich von ihm getrennt, seit Jahren haben wir uns nicht geliebt
und warum eigentlich hast du dich von mir getrennt, jedes Mal
erhebt sich zwischen uns ein riesiges Haus
mit vielen Zimmern, Betten, Spiegeln und Teppichen,
doch wir können uns nirgendwo begegnen, da erheben sich
Schwellen der Duldsamkeit, patriarchale Projekte,
Finanzen, Verdächtigungen, Firnis, Vermögen, Fliegen.
Wovon trennen wir uns, wir alle vielleicht, und du weshalb, bestimmt
Hat es dich umflattert wie eine unstillbare Erinnerung,
wie eine nicht heilende Sehnsucht oder hat dich abgeschnürt
bis zur Atemlosigkeit, oder weil das Leinen stark knittert
und schwer zu bügeln ist, aber jetzt werden doch alle möglichen Bügeleisen verkauft, sie hängen nicht einmal an, Ökoseifen, Weichspüler,
eine bedrückende Fülle, wie ein Rachen verschlingt sie uns und warum
sollen wir uns von uns selbst trennen, bin ich vielleicht müde geworden,
auf meinem Rücken habe ich den Übergang ausgetragen, drei Personen,
drei Arbeitsstellen und noch dreihundertdreißg Rucksäcke,
und jetzt will ich etwas Luftiges und Leichtes tragen,
dein Kleid, mein armes, kleines Seelchen hält sich kaum noch
in mir, ich mag es tragen wie ein Federchen oder einen Flusen
aus irgendeinem anderen Leben mit einfachem, legeren Schnitt.
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